Nachdem wir in Kapitel 1 ein erstes kleines Dokument erstellt und hoffentlich sauber übersetzen konnten, schauen wir uns jetzt an, wie man ein Dokument richtig aufsetzt. Mit richtig meine ich damit die Auswahl der passenden Klasse, der TeX-Engine, die Wahl der richtigen Pakete und Einstellungen.
Im ersten Kapitel hatten wir ein Beispiel gesehen, das die Dokumentenklasse article
benutzt hat. Diese Klasse, sowie auch book
und report
, sind für typografische Gewohnheiten im US-amerikanischen bzw. angelsächsischen Raum erstellt worden. Für deutsche bzw. europäische Texte sind sie aus typografischer Sicht nicht geeignet, da gibt es bessere!
Ganz klar zu empfehlen sind die Klassen aus dem KOMA-Script Paket von Markus Kohm. Sie ersetzen die ursprünglichen Klassen perfekt und produzieren sehr schöne Dokumente. Es gilt also:
- Lass article, report und book weg, wenn es keinen spezifischen Grund dafür gibt.
- Ersetze:
article
durchscrartcl
report
durchscrreprt
book
durchscrbook
Es gibt mehr als einen Weg, ein TeX-Dokument nach PDF zu übersetzen. Im ersten Kapitel hatten wir pdflatex
benutzt, es gibt aber Alternativen. Hier eine kurze Übersicht der Engines:
- pdflatex: die schnellste Engine, sehr stabil und ausgereift. Kann aber nicht mit OpenType-Fonts (Systemschriftarten) umgehen, die Integration von eigenen Schriften ist sehr komplex und wird daher keinem Anfänger empfohlen
- xelatex: kann mit den Systemschriften umgehen, ist aber -- soweit ich weiß -- nicht mehr aktiv in der Entwicklung
- lualatex: aktiv in der Entwicklung, die langsamste der Engines. Wie xelatex kann luaLaTeX mit Systemfonts im OpenType-Format umgehen. Ein Hauptvorteil ist die integrierte Lua-Engine, die vieles in der Arbeit mit dem TeX-Kern leichter macht. Siehe dazu auch Kapitel 14.
Hinweis: alle drei Programme gibt es auch ohne das "la" im Namen, also als pdftex
, xetex
und luatex
. Diese drei Programme verstehen nur pures TeX, mit LaTeX-Code können sie nichts anfangen und werfen schon beim "\documentclass{}" Fehlermeldungen. Die Arbeit mit TeX ist noch ein wenig komischer
als die Arbeit mit LaTeX. Ich empfehle daher, mit LaTeX anzufangen. In den knapp 25 Jahren, in denen ich TeXe, habe ich nie TeX gebraucht, sondern nur LaTeX.
Welche TeX-Engine solltet ihr nehmen? Hängt davon ab, aber mit pdflatex
macht man als Anfänger nichts falsch. Wenn man Systemschriften nutzen möchte oder muss, kommt man um xelatex/lualatex üblicherweise nicht herum, wenn es um weitergehende Programmierung geht, ist sicherlich lualatex
das Mittel der Wahl.
Da dies hier ein Anfängertutorial sein soll, werden wir uns im folgenden auf pdflatex
konzentrieren.
Im folgenden bauen wir Schritt für Schritt ein komplettes Dokument auf.
Beginnen wir mit dem folgenden Schnipsel, der die KOMA-Klasse scrartcl
mit der Grundschrifthöhe 12pt nutzt:
document-01.tex
\documentclass[12pt]{scrartcl}
\begin{document}
Hallo Welt!
\end{document}
Als nächstes teilen wir LaTeX mit, dass wir mit westeuropäischen Schriften arbeiten und die deutsche Silbentrennung haben möchten.
Hinweis: die oft gesehene Zeile \usepackage[utf8]{inputenc}
braucht man nicht mehr, UTF-8 ist seit mehreren Jahren Standard und muss nicht explizit gesetzt werden.
document-02.tex
\documentclass[12pt]{scrartcl}
\usepackage[T1]{fontenc}
\usepackage{babel}
\begin{document}
Hallo Welt!
\end{document}
Dies ist das Grundgerüst für jedes pdflatex
-Dokument, diese paar Zeilen kann man sich merken oder abspeichern.
babel
sorgt dabei nicht nur für die richtige Silbentrennung, es deutscht auch das Datum ein und die Überschriften für die verschiedenen Verzeichnisse wie Inhalts- oder Abbildungsverzeichnis.
Geben wir dem Dokument als nächstes den Autor und Titel mit und lassen diesen Titel dann mit dem Befehl \maketitle
setzen:
document-03.tex
\documentclass[12pt,ngerman]{scrartcl}
\usepackage[utf8]{inputenc}
\usepackage[T1]{fontenc}
\usepackage{babel}
\author{Max Mustermann}
\title{Mein erstes Dokument}
\begin{document}
\maketitle
Hallo Welt!
\end{document}
Aufgabe: Ersetzt doch einmal testweise die scrartcl
Dokumentenklasse durch scrreprt
oder scrbook
! Was verändert sich?
Ein Hinweis zur Titelseite: individuelle Titelseiten lassen sich mit der titlepage
-Umgebung auch erstellen. Das ist aber recht komplex und wird daher -- wenn überhaupt -- erst in einem späteren Kapitel behandelt. KOMAscript bringt auch mit uni-titlepage
ein Paket mit, das diverse Titelseiten aus dem universitären Bereich bereitstellt.
Weiter geht es im nächsten Kapitel