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Im Verlauf der Novemberrevolution 1918 am Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Abdankung der deutschen Bundesfürsten erzwungen. Nach dem Ende der Monarchie wurde diskutiert, mit der Staatsbezeichnung „Deutsche Republik“ oder „Republik Deutschland“ die ausgerufene Staatsform zu unterstreichen, doch auch die sogenannte Weimarer Republik behielt die offizielle Bezeichnung Deutsches Reich bei.
Die nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie entstandene Republik Deutschösterreich strebte 1919 einen Zusammenschluss mit dem Deutschen Reich an, der jedoch wegen des von den Siegermächten verhängten Anschlussverbotes nicht realisiert werden konnte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die Hauptsiegermächte den Begriff Deutschland ausschließlich für das von ihnen besetzte Deutsche Reich (ohne Österreich). 1949 wurde die Bundesrepublik durch die USA und Großbritannien sowie die Deutsche Demokratische Republik (DDR) durch Einwirken der UdSSR initiiert. Da eine Fortführung des Staatsnamens Deutsches Reich im Parlamentarischen Rat wegen seines „aggressiven Akzents“ abgelehnt wurde, fand stattdessen ‚Deutschland‘ in der Bezeichnung der damals konstituierten „Bundesrepublik Deutschland“ erstmals namentliche Verwendung;[22] damit sollten die „emotionale Integrationskraft des Namens und sein staatsrechtlicher Gehalt“ aus Kontinuität und der Identität der Bundesrepublik bezeugt werden.[23] Die DDR nutzte das Wort „Deutschland“ zwar nicht direkt im Staatsnamen, jedoch wurde es ausdrücklich als synonymer Begriff für DDR im Artikel 1 der Verfassung von 1949 gebraucht. Später verwendete die DDR fast nur noch das Attribut deutsch beziehungsweise den Namenszusatz „… der DDR“ für staatliche Hoheitsbezeichnungen. Mit der Deutschen Einheit 1990 wurde die deutsche Frage gelöst.[24]
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich einige Gebiete unabhängig vom deutschen Machtbereich weiter und lösten sich aus dem Heiligen Römischen Reich heraus oder wurden von Frankreich annektiert. Unter anderem waren dies aufgrund des Westfälischen Friedens 1648 die Niederlande, deren Sprachvarietäten sich u. a. durch den Buchdruck vom Deutschen getrennt hatten (vgl. Niederländisch (Name)), die Eidgenossenschaft sowie das Elsass und das Herzogtum Lothringen. Nach dem Ende des Deutschen Bundes 1866 traten dann Luxemburg, das Herzogtum Limburg, Liechtenstein und Österreich (zuletzt 1945) heraus. Die Gründung des Deutschen Kaiserreichs erfolgte unter Annexion Elsass-Lothringens, während die Niederlagen in beiden Weltkriegen Gebietsverluste zur Folge hatten. Nach 1919 musste Deutschland neben dem Elsass und Lothringen kleinere Gebiete an Dänemark, Belgien, die Tschechoslowakei und Litauen sowie vor allem die Provinzen Posen und Westpreußen an die neu gegründete Zweite Polnische Republik abtreten. Die restlichen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie, namentlich Schlesien, Neumark, Hinterpommern und Ostpreußen, kamen ab 1945 unter sowjetische und größtenteils polnische Verwaltung. Sie wurden in deren Staatsgebiete integriert, nachdem damit begonnen worden war, die deutsche Bevölkerung zu vertreiben. 1990 wurde der Anspruch auf die vormaligen deutschen Ostgebiete im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands auch formell mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag aufgegeben.
Trotz der Kontinuität des Begriffes Deutschland vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart sowie völkerrechtlicher[25] Identität und staatsrechtlicher Kontinuität seit dem 19. Jahrhundert bestand de facto bis 1990 keine durchgehende lineare politisch-historische Entwicklung.
Die geschichtliche Entwicklung Deutschlands reicht weit zurück und kann bis zu den Indogermanen in vorantiker Zeit zurückverfolgt werden. Das Land umfasste wechselnde Gebiete und Völker und bildete erst im späten 19. Jahrhundert einen Nationalstaat. Im Verlauf der Völkerwanderung brach das Weströmische Reich im 5. Jahrhundert n. Chr. zusammen. Es etablierten sich germanisch-romanische Nachfolgereiche, wovon das von den Merowingern gegründete Frankenreich das bedeutendste war. Im Frühmittelalter expandierte das Frankenreich unter den Karolingern und umfasste in der Zeit Karls des Großen weite Teile des heutigen Deutschlands, der Benelux-Länder, Frankreichs, Italiens, der Schweiz und Österreichs. Nach dem Zerfall des Karolingerreichs im 9. Jahrhundert wurde das Ostfrankenreich zur Keimzelle des späteren Deutschlands, ohne dass sich im Mittelalter ein „deutsches Nationalbewusstsein“ entwickelte. Das sich im 10. Jahrhundert formierende römisch-deutsche Reich, das seit dem Spätmittelalter auch als Heiliges Römisches Reich bezeichnet wurde, hatte vielmehr übernationalen Charakter und war letztlich ein überstaatliches Gebilde.[99] Die Herrschaftsgewalt der römisch-deutschen Könige und Kaiser war viel weniger ausgeprägt als in den westeuropäischen Reichen, während die zahlreichen Landesherren eine vergleichsweise starke Stellung innehatten. Dies begründete die Tradition des deutschen Föderalismus, wodurch sich bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches keine herrschaftliche Zentralgewalt durchsetzen konnte. Das Reich wurde in der Frühen Neuzeit durch die Auswirkungen von Pest, Reformation, Gegenreformation und Dreißigjährigen Krieg herausgefordert.
Die Märzrevolution 1848 gilt als Schlüsselereignis für die spätere Bildung des föderalen Staates und der Demokratie in Deutschland.
Nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches 1806 und der 1813 gegen Napoleon gewonnenen Völkerschlacht bei Leipzig wurde 1815 der Deutsche Bund als lockerer Zusammenschluss gebildet. Während der Revolution 1848/1849 bildete sich mit der Frankfurter Nationalversammlung das erste deutsche Parlament, das jedoch wegen vieler Widerstände nur ein Jahr überdauerte. Der Deutsche Bund bestand bis 1866, als die zunehmenden Spannungen zwischen den deutschen Führungsmächten Österreich und Preußen sich im offenen Machtkampf entluden. Preußen siegte militärisch, so dass 1867 der Norddeutsche Bund unter preußischer Vorherrschaft gebildet wurde. Während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/1871 wurde das Deutsche Reich als erster deutscher Nationalstaat gegründet, der aber auch in seinen Grenzgebieten eine Reihe von Minderheiten einschloss. In der „Deutsches Kaiserreich“ genannten Epoche zwischen 1871 und 1918 war Deutschland bundesstaatlich organisiert und verwirklichte eine konstitutionelle Monarchie. Während der Gründerzeit wurde Deutschland zur größten Wirtschaftsmacht Europas. Nach der militärischen Niederlage im Ersten Weltkrieg kam es 1918 zur Novemberrevolution und zur Bildung einer parlamentarisch-demokratischen Republik. Die sogenannte „Weimarer Republik“ hatte trotz „Goldener Zwanziger“ unter innenpolitischer Instabilität zu leiden. Der erste demokratische deutsche Staat ging infolge der Weltwirtschaftskrise und der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten unter Führung von Adolf Hitler unter. Es folgte von 1933 bis 1945 die Zeit des Nationalsozialismus, in der Gegner der totalitären und rassistischen Diktatur verfolgt und ermordet wurden, während das Regime die Erweiterung der Grenzen anstrebte. Dies mündete in den von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg samt Massenmorden (einschließlich des Holocaust) und Stadtzerstörungen und endete mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945.
Die vier alliierten Siegermächte führten die Aufteilung Deutschlands und Berlins durch: Eine östliche und drei westliche Besatzungszonen wurden gebildet. In den drei Westzonen entstand nach freiheitlich-demokratischem und marktwirtschaftlichem Leitbild mit der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 die Bundesrepublik Deutschland,[100] aus der sowjetischen Zone wurde die sozialistische Deutsche Demokratische Republik (DDR). Während des Kalten Krieges blieb Deutschland geteilt, bis es am 9. November 1989 zum Fall der Berliner Mauer kam. Dies war das Resultat der friedlichen Revolution in der DDR und dem damit einhergehenden Zusammenbruch der SED-Diktatur. Am 3. Oktober 1990 kam es schließlich zur deutschen Vereinigung, der Tag der Deutschen Einheit ist seitdem der Nationalfeiertag. Deutschland ist überdies Gründungsmitglied der am 7. Februar 1992 begründeten Europäischen Union und ein Motor der europäischen Integration.